Andacht zum 3. Sonntag nach Epiphanias

Sat, 23 Jan 2021 16:47:30 +0000 von Annette Israel

© Jul. Schnorr v. Carolsfeld
„Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.“

(Rut, eine junge Frau, im Predigttext des 3. Sonntag nach Epiphanias, Buch Rut, Kap.  1, Verse 1–19a)

Die Geschichte von Rut ist eher unbekannt. Aber diesen Satz kennen und lieben doch viele, vor allem Brautpaare. Nach wie vor ist er einer der beliebtesten Trausprüche. Dabei geht es hier gar nicht ums Heiraten. Den Satz sagt nicht ein Liebespaar zueinander, sondern eine Schwiegertochter zu ihrer Schwiegermutter. 
Um Liebe geht es trotzdem. Naomi und ihre Schwiegertochter Rut sind einander sehr ans Herz gewachsen. Naomi ist Israelitin, die – vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen – mit ihrem Mann im Land Moab lebt. Ihr Sohn hat die Moabiterin Rut geheiratet. Mann und Sohn sterben. Das wirtschaftliche Aus – in Moab hat Naomi keine Zukunft. Allein kann sie im fremden Land nicht bleiben. Aber Rut will sich nicht von ihr trennen und zurück in ihre moabitische Familie. Sie sagt zu Naomi: „Wo du hingest, da will auch ich hingehen…“ 

Im Land Moab ist Naomi die Fremde, im Land Israel wird ihre Schwiegertochter Rut die Fremde sein. Wo gehört die kleine Familie nun hin? 
Menschen von überall her sind in Gifhorn zu Hause so, wie Rut und Naomi. Sie sind hier zu Hause, aber es gibt gleichzeitig noch eine andere Zugehörigkeitsgeschichte. Sie sind Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in mehrere Länder zugleich gehören. Aber ihre Lebensgeschichte verbindet mit der Stadt, in der wir jetzt und hier leben.

Lebensgeschichten binden an einander – aber nicht nur. Für Rut ist es auch der Glaube. Ohne ihn ist ihr Leben mit Naomi in Israel nicht denkbar. 
„Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott,“ sagt sie. Rut will zur Familie und zum Volk Naomis gehören, mit allem, was dazugehört, auch mit ihrem Glauben an den einen Gott. Dieser Glaube verbindet. 

Das Buch Rut ist Teil der Bibel – erzählt vom Glauben an den einen Gott als Verbindung, nicht als Merkmal und auch nicht als nur eine Zutat zum Leben unter vielen. So stellt sich aus der Geschichte heraus die Frage: 
Wie finden wir, die wir an den einen Gott glauben,  hier in Gifhorn mehr und mehr zueinander -  Christen aus den unterschiedlichen Kirchen und Muslime, die verschiedenen Moscheegemeinden angehören? 
Das ist die Frage nach einer Methode, wie man es besser machen kann mit dem Zusammenleben. Eine berechtigte Frage nach der Methode. 

Das Buch Rut legt uns aber ein Herausfinden einer Methode gar nicht nahe. Es erzählt eine Lebensgeschichte. Aus der Lebensgeschichte heraus erzählt es von der Gnade Gottes, die ankommen lässt, in einem fremden Land, in einer Familie und in einem Glauben.  

Im Buch Rut gibt es auf die Frage nach dem Zusammenkommen keine andere Antwort als die Geschichte selbst. Rut geht mit Naomi nach Bethlehem und wird in ihre Familie aufgenommen. Sie findet ihren zweiten Ehemann, Boas, einen Israeliten. Gemeinsam bekommen sie einen Sohn: Obed. Er ist Vater des Isai und Großvater Davids. Rut, die Fremde, wird also am Ende zur Ahnfrau des König David und Ahnfrau des Jesus von Nazareth. 

Keine Methode. Doch ein Raum für große Weltgeschichte, die in der kleinen Lebensgeschichte von Naomi und Rut ihren Anfang nimmt.

Rut und Naomi: Einfach anfangen. Einfach leben. Mit Gott und miteinander. 
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